Zwischen Reue und Rechtfertigung

Die Darstellung des Kriegsendes am 8. Mai 1945 in Monheim und Baumberg in der jüngeren Monheimer Geschichtsschreibung

Frühe Vorzeichen auf dunkle Jahre. Zahlreiche Schaulustige verfolgten am 10. Juni 1934 eine Luftschutzübung am damaligen Rathaus am Alten Markt. Foto: Stadtarchiv / Foto Schatz

Schon Anfang Juni 1940 war Baumberg erstmals Ziel eines Luftangriffs. Entlang der Griesstraße schlugen mehrere Bomben ein, wobei der Bauernhof von Fritz Blank schwer beschädigt wurde. Foto: Stadtarchiv

Nach dem schweren Bombenangriff vom 21. Februar 1945: Das zerstörte Kaufhaus Hamacher an der Krummstraße / Ecke Frohnstraße, im Hintergrund der Schelmenturm. Foto: Stadtarchiv

Mit der Kapitulation der Wehrmacht endete am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa. Den 76. Jahrestag des Kriegsendes hat der seit 2020 fest zur Belegschaft der Monheimer Stadtverwaltung gehörende Stadthistoriker Dr. Alexander Berner zum Anlass genommen, einen Blick auf die Darstellung der Ereignisse rund um diesen Tag der Befreiung in der jüngeren Monheimer Geschichtsschreibung zu werfen.

Im besonderen Fokus steht dabei auch ein vor 26 Jahren erstmals erschienener und jetzt noch einmal neu aufgelegter Aufsatz von Hans Kurt Peters, den Berner als „Großen der Monheimer Geschichtsschreibung“ würdigt. Unter dem Titel „Monheims schwerste Tage“ blickt Peters dabei als Zeitzeuge auf die Ereignisse von damals zurück. Und die Fakten sind schrecklich.

Etwa 60 Millionen Menschenleben hatte der Krieg gekostet, eine unvorstellbar hohe Zahl. Auch Monheim und Baumberg waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Hier starben mindestens 113 Zivilisten infolge von Bombardierungen durch alliierte Flieger und Artillerie. Zahlreiche Gebäude und wesentliche Teile der Infrastruktur wurden stark beschädigt oder zerstört. 212 Monheimer und Baumberger waren in Diensten der Wehrmacht gefallen oder galten als vermisst, bis sie für tot erklärt wurden. Auf der anderen Seite hatte der menschenverachtende Nationalsozialismus hier auch Opfer unter den Gruppen gefordert, deren Leben als nicht lebenswert galt, zum Beispiel die jüdische Familie Herz. Deren Angehörige wurden entweder ermordet oder entzogen sich diesem Schicksal durch Flucht. Zwei Monheimerinnen wurden ermordet, weil sie an psychischen Krankheiten litten. Auch mussten über 1400 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus Polen, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Serbien, Russland, der Ukraine und Italien in den drei Rheingemeinden Monheim, Baumberg und Hitdorf fern ihrer Heimat schuften, wurden schlecht ernährt, teilweise entrechtet, mangelhaft untergebracht und ausgebeutet.

Auseinandersetzung mit Monheims schwersten Tagen

Diese schreckliche Bilanz erfordere eine Auseinandersetzung mit der Geschichte, unterstreicht Stadthistoriker Berner. Das habe auch Peters in seinem 1995 erscheinen Aufsatz „Monheims schwerste Tage. Eine Betrachtung nach 50 Jahren in einer Feierstunde im Rathaus anlässlich der Befreiung Monheims von der NS-Herrschaft“ getan.

„Doch gerade auch an diesem bedeutenden Aufsatz zeigt sich, wie sich der Blick auf historische Ereignisse im Laufe der Jahrzehnte verändert, ja verändern muss“, unterstreicht Alexander Berner. In einem einordnenden und äußerst lesenswerten Aufsatz des Stadthistorikers, der jetzt im Bereich [intern]Geschichte und dort unter [intern]Stadthistoriker veröffentlicht wurde, setzt sich Berner anlässlich des Jahrestags zum Kriegsende erstmals auch kritisch mit der verdienstvollen Arbeit Peters' auseinander und bezeichnet dessen Versuche, im ausklingenden 20. Jahrhundert zu erinnern und zu gedenken als teilweise „problematisch.“ Zwar schildere Peters quellennah und anschaulich, doch lasse er sich eben auch zu Fehlern hinreißen, die typisch für viele Geschichtsschreibende seiner Zeit seien, denen durch persönliches Erleben noch eine gewisse Distanz und das rücksichtslose Hinterfragen der eigenen Rolle fehle. So kritisiert Berner unter anderem Peters‘ Aussage, er habe von den Vernichtungslagern nicht nur nichts gewusst, sondern auch nichts wissen können sowie seine Einlassung, die meisten Deutschen – und damit auch die Baumberger und Monheimer – hätten den Antisemitismus verurteilt. Beides sei historisch heute eindeutig widerlegt, so Berner. Viele Gräueltaten waren durch Flüsterpropaganda, Feldpostbriefe oder die Berichte von Heimaturlaubern sehr wohl bekannt gewesen. Jeder, der wissen wollte, hätte wissen können. Auch zeichne Peters das schiefe Bild eines von den Nationalsozialisten beherrschten deutschen Volkes. „Das Volk“ sei aber eben kein bloßes Opfer der Nationalsozialisten gewesen, vielmehr bis zum Ende der Träger nationalsozialistischer Herrschaft. In den Gemeinden Monheim und Baumberg war die Zustimmung seit 1933 groß, wie Berner anhand von Wahlergebnissen eindeutig belegt. „Auch hat es in den Rheingemeinden bis Kriegsende strukturelle Verfolgung und Denunziation gegeben, die ohne eine Akzeptanz der nationalsozialistischen Diktatur durch große Teile der Monheimer und Baumberger Bevölkerung nicht möglich gewesen wäre.“

Widerstand im Konjunktiv

Im Kontext einer Feierstunde anlässlich der Befreiung Monheims vor 50 Jahren habe es sich 1995 für Peters wohl angeboten, zu erinnern und der Opfer zu gedenken, so Alexander Berner. Doch daran schließe sich ja unweigerlich die Frage an, wie es soweit habe kommen können, woraufhin die Frage nach der Verantwortung bedrohlich nahe rücke. „Hans Kurt Peters‘ Text ist ein Beispiel für den Umgang mit der eigenen Verantwortung oder der Verantwortung der eigenen Generation im Zusammenhang mit der NS-Herrschaft“, resümiert der Monheimer Stadthistoriker: „Aufrichtig wollte man dem Unrecht und dem Elend gedenken – zunächst dem erlittenen, später auch dem verübten –, die eigene Verantwortung konkret anerkennen konnte oder wollte man hingegen nicht.“ Stattdessen sei eben häufig versucht worden, die eigene wenig ruhmreiche Rolle, die man gespielt hatte, und sei es nur durch Wegschauen und Schweigen, zu rechtfertigen, gerne mit Verweis auf die vermeintlich eng gesteckten Grenzen des eigenen Erkenntnishorizonts. Man hätte ja etwas gegen „die da oben“ unternommen, hätte man „das“ gewusst. Berner: „Der Widerstand im Konjunktiv dient hier der Aufrechterhaltung der Illusion eines funktionierenden moralischen Kompasses, was letztlich entlastend wirken sollte.“ Peters‘ Aufsatz sei daher ein beredtes Zeugnis darüber, wie sich ein Vertreter der beteiligten Generation bemühte, den Spagat zu schaffen zwischen aufrichtigem Gedenken und der Bewältigung der eigenen schwierigen, belasteten Vergangenheit. „Hans Kurt Peters entschied sich im Jahr 1995 dagegen, diese belastete Vergangenheit anzunehmen, zehn Jahre nachdem Richard von Weizsäcker genau dies angemahnt hatte“, so Monheims Stadthistoriker. Seinen vollständigen Aufsatz gibt es [PDF]hier. (ts)

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