Monheim-Lexikon: Sankt Martin

Baumberger sind Vorreiter beim Brauchtum um den heiligen Mann

Zum wohlgeordneten Kinderfest hat sich St. Martin erst im ausgehenden 19. Jahrhundert entwickelt. Zuvor waren am 11. November, dem Jahrestag der Beisetzung des später heiliggesprochenen Bischofs Martin von Tours († 397), vielerorts wilde Umzüge mit ausgehöhlten Rüben und Kürbissen üblich – heutige Halloween-Sitten lassen grüßen.

Im lokalen Brauchtum hat St. Martin seit über hundert Jahren seinen Platz. In Baumberg wurde bereits [extern]1909 ein Martins-Komitee gegründet – es kann sich zu den ältesten im Rheinland zählen. Die ersten „Mäteszöch“ dürften recht kurz gewesen sein, denn Baumberg hatte vor dem Ersten Weltkrieg gerade einmal 1400 Einwohner. Im Jahr 1959, zum fünfzigjährigen Bestehen des Komitees, gingen aber schon rund siebenhundert Kinder mit und erhielten Tüten mit Spekulatius, Äpfeln, Nüssen, Schokolade und Weckmann.

In Monheim führte zunächst nicht ein Martins-Komitee die Regie, sondern andere Vereine. Das „Düsseldorfer Tageblatt“ berichtete am 3. Oktober 1930, in Monheim bestehe seit einigen Jahren „die gute Sitte, einen Martinszug zu veranstalten und die Bescherung der Kinder in ordnungsmäßiger Weise durchzuführen. Dankenswerterweise hat sich in den letzten Jahren der Vorstand des Eifelvereins […] um das Zustandekommen des Zuges bemüht […].“  Nach dem Zweiten Weltkrieg war es dann der Verkehrsverein, der Vorläufer des Heimatbunds. Im Jahr 1950 trat die St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft auf den Plan und organisierte den Umzug bis 1976 in Zusammenarbeit mit den Schulen.

In der Festschrift „650 Jahre St. Sebastianus Schützenbruderschaft 1350 Monheim e. V.“, [Monheim am Rhein 2000], wird aus der von Wilhelm Fenger (1895–1979) geführten vereinsinternen Chronik folgendes wiedergegeben: Am 12. November 1950 fand der erste Martinszug in der Regie der Schützen statt. Für rund 1100 Kinder waren Martinstüten und Weckmänner beschafft worden. Dazu hatten die Frauen der Vorstandsmitglieder an den Haustüren Spenden gesammelt. Weitere Mittel erbrachte ein Ball mit Verlosung von Martinsgänsen. Die Szene mit St. Martin und dem Bettler wurde am Alten Markt aufgeführt, die Bescherung der Kinder erfolgte im Saal Schmickler (nachmals Bormacher).

Beim Martinsfest 1952 bildete der Schelmenturm die Kulisse für die Mantelteilung. „Auf dem Rheindamm brannte […] das Martinsfeuer. Hier hat der Feuerwehrmann Heinrich Baur[,] der schon zum 26. Male dieses Feuer abbrannte, ein besonderes Verdienst erworben. Schützenbruder Adolf Bormacher stellte in diesem Jahr zum 26. Male St. Martin dar“, vermeldet die Schützenchronik.

Im Jahr 1966 waren es 3200 Kinder, die beim Monheimer Zug ihre Laternen leuchten ließen und die altbekannten Lieder sangen. Zwei Jahre später waren es bereits 4500, die auf drei Wegstrecken in der Altstadt, am Sandberg und im Süden verteilt werden mussten.

Die von ehrenamtlichen Helfern an den Haustüren gesammelten Spenden reichten nicht mehr, um jedem Kind eine gut gefüllte Gabentüte auszuhändigen. Verstärkt wurde deshalb um Unterstützung aus der Wirtschaft geworben, auch die Stadt gewährte Zuschüsse. Mit vereinten Kräften gelang es, dass jedes Kind zumindest einen Weckmann und eine Tafel Schokolade erhielt, auch als die Teilnehmerzahl bis 1972 auf rund 7000 stieg.

Enormen Andrang hatten auch die Baumberger Organisatoren zu bewältigen. Sie mussten deshalb Mitte der 1970er-Jahre ebenfalls mit der Gewohnheit brechen, alle Kinder in einem Zug zu vereinen. 1976 wurden in Baumberg mehr als 3000 Tüten ausgegeben; bestückt mit Feigen, Waffeln, Kokosbällchen, Gummibärchen und anderen Leckereien.

Einen festen Platz im Baumberger Martinsbrauchtum hat seit 1985 die Laternen-Ausstellung im Bürgerhaus. Jeweils ein Wochenende lang werden die in Kindertagesstätten und Grundschulen des Stadtteils gebastelten Fackeln gezeigt. Initiator der Ausstellung war Bruno Benzrath, von 1983 bis 2009 Leiter der Alexander-von-Humboldt-Schule.

Sandberg-Komitee löste sich wieder auf

1977 war es auch in Monheim soweit, dass Komitees die immer umfangreicher werdende Organisationsarbeit übernahmen. Auf Initiative der Pflegschaften der katholischen Grund- und Hauptschule an der Lottenstraße gründete sich ein Komitee für Alt-Monheim. Ein zweites wurde am [intern]Sandberg aktiv. Während der Alt-Monheimer Zusammenschluss bis heute besteht, löste sich das Sandberg-Komitee 1986 auf. Als letzte gute Tat stiftete es sein Vermögen von rund 7600 Mark dem integrativen Kindergarten am Lerchenweg.

Als sich 1986 nicht genügend Helfer für die Haussammlung meldeten, geriet das Monheimer Martinsfest vorübergehend in eine Krise. Doch mit der [extern]Umwandlung des Komitees in einen eingetragenen Verein fassten die Martins-Freunde 1990 wieder Zuversicht und entwickelten neue Ideen. Erstmals gab es eine Laternenausstellung in den Schaufenstern zahlreicher Geschäfte. Das Komitee um den bewährten Vorsitzenden Rudolf Pohlmann (1930–2020) erlebte eine stetig steigende Nachfrage nach Tüten und Weckmännern: 1990 wurden 1320 ausgegeben, drei Jahre später waren es 2750, heute sind es rund 3000.

Bettler trug die alte Hose des Pfarrers

Bei der Mantelteilung haben die Darsteller von St. Martin und Bettler ihren großen Auftritt. Sie spielen ihre Rollen oft jahrzehntelang und über mehrere Generationen. So feierte 2005 der Monheimer Peter Lohmann sein 25-jähriges Jubiläum als St. Martin, den schon Lohmanns Vater Hermann (1940–2014) sowie seine Onkel Theo und Peter Bamberg verkörpert hatten. 1998 trat Rainer Frenken (1931–2007) in den Ruhestand, der in der Altstadt dreißig Jahre lang den Bettler gespielt hatte. Die verschlissene Hose, die er dabei trug, hatte einst Pfarrer Carl Reinartz (1898–1980) gehört.

Dass die Baumberger beim Martinsbrauchtum von jeher Vorreiter sind, zeigten sie 1988, als sie erstmals eine Martinsfrau in den Sattel hoben. Friederike Muhr, deren Vater Heinz-Josef ebenfalls viele Jahre lang als Martin aufgetreten war, verbarg sich hinter einem Rauschebart. Ob Mann oder Frau – was wäre St. Martin ohne sein treues Pferd? Nicht immer freilich trägt das Ross ihn fort geschwind. Beim Monheimer Zug 1986 musste St. Martin zu Fuß gehen – das Pferd war einfach zu aufgeregt.

Im April 2018 wurde das Martinsbrauchtum in das [extern]Inventar des immateriellen Kulturerbes von Nordrhein-Westfalen aufgenommen.

Die 2020 grassierende Corona-Pandemie verschonte auch das Martinsfest nicht. Bereits im September sagten die Komitees in Monheim und Baumberg die traditionsreichen Züge ab.

Zuletzt geändert am 14. Dezember 2021

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