Das Deusser-Haus (An d’r Kapell 2, vormals Kapellenstraße 50) ist benannt nach dem Maler August Deusser (1870–1942). Auf der Suche nach einem ruhigen Platz zum Arbeiten kam Deusser 1906 nach Monheim. Mit Frau und Kind bezog er das „Haus am Strom“, wie es damals genannt wurde.
Das Alter des Deusser-Hauses ist unklar. Seine Entstehungszeit wurde 1983 bei der Eintragung in die städtische Denkmalliste auf „um 1800“ taxiert; Fritz Hinrichs hingegen gibt in seiner „Geschichte der Monheimer Höfe“ (1959, S. 45) das Jahr 1848 an. Das Wohnhaus habe damals zum „Hof in dem Zwickel“ gehört. Von 1873 bis mindestens 1890 war es Praxis des Arztes Dr. Jakob Metzmacher (1844‒1919). Nach Deussers Wegzug diente das Haus laut „Geschichte der Monheimer Höfe“ den Mineralölwerken Rhenania (nachmals Deutsche Shell AG) als „Direktorwohnung“.
Im weiteren Verlauf muss das Deusser-Haus in den Besitz der Firma Henkel gelangt sein, denn von ihr erwarb es 1975 die Stadt Düsseldorf, während der Eingemeindung Monheims, und vermietete es im Jahr darauf an eine Künstlergruppe. Nach dem Auszug der Mieter Ende 1980 brachte die wiedererstandene Stadt Monheim in den Räumen das Schulverwaltungs- und Kulturamt unter.
Der zum Deusser-Haus gehörende Garten war ursprünglich noch viel größer und erstreckte sich bis zur heutigen Krischerstraße. Garten und nähere Umgebung lieferten Deusser immer wieder Motive. Mit Bleistift zeichnete er die Marienkapelle, eine Vorstudie zu dem Gemälde „Kleine Kapelle“. Im Garten malte Deusser Blumen, Beete und Wege. Unter dem lakonischen Titel „Monheim, um 1912“ gibt es die Ansicht eines Industriebetriebs mit Schornstein, möglicherweise die Hefefabrik in Blee, gesehen aus einer mit Bäumen bestandenen Landschaft.
Der Künstler bezeichnete seine Monheimer Zeit später als „glücklichste meines Lebens“. Offenbar nahm Deusser auch Anteil an öffentlichen Angelegenheiten seines Wohnorts. Als der Gemeinderat am 18. Juli 1910 über den Erlass eines „Ortsstatuts auf Grund des Gesetzes gegen Verunstaltung von Ortschaften“ beriet, wurde Deusser in eine vorbereitende Kommission gewählt, der außer ihm das Ratsmitglied Wilhelm Peters und die Mitglieder der Wiesenbaukommission angehörten.
Im Jahr darauf fiel Deussers Name abermals im Gemeinderat. In der Sitzung vom 11. November 1911 wurde mitgeteilt, dass sich der Maler mit einer Spende von zweihundert Mark an den Kosten der Bepflanzung (wohl mit Bäumen) entlang der neuausgebauten Straße von Monheim nach Baumberg (heutige Rheinpromenade / Monheimer Straße) beteiligen wolle.
Dem einstigen Hausherrn widmet der Heimatbund denn auch ein Kapitel in seiner Heimatkundlichen Sammlung, die er seit 1985 im Deusser-Haus zeigt (geöffnet sonntags 11 bis 13 Uhr, Eintritt frei). Zum Fundus gehören Deussers Gemälde „Abgesessen“, „Einsamer Reiter“, „Pflügender Bauer“, „Mittelrheinische Landschaft“ und „Der Bahnhof in Langenfeld“.
Den Angaben der Kinder zufolge konnte Deusser „die Zerstörung seines ländlichen Friedens nicht ertragen“, als „Industrie von dem Ort Monheim Besitz ergriff“. Den Bau einer Raffinerie, mit dem die Mineralölwerke Rhenania 1913 in Deussers Nachbarschaft begannen, erlebte der Künstler allerdings nicht mehr aus eigener Anschauung. Im Melderegister ist für den 7. November 1912 der Fortzug der Familie Deusser vermerkt. Sie übersiedelte nach Wiesbaden.
Von einer schweren Gallenoperation 1922 hat sich August Deusser nie wieder richtig erholt, ab 1930/31 konnte er nicht mehr malen. Er starb 1942 in Konstanz. Sein Nachlass gelangte in die Schweiz. Im Schloss Bad Zurzach werden seine Bilder seit 1978 in einem eigens eingerichteten Museum gezeigt.
Mit August Deussers Namen eng verbunden ist der „Sonderbund“, den er 1909 gemeinsam mit Malerkollegen in Düsseldorf ins Leben rief und der bis 1915 bestand. Mit einer „Sonder-Ausstellung“ waren die Künstlerfreunde bereits im Mai 1908, also während Deussers Monheimer Zeit, an die Öffentlichkeit getreten. Sie wollten fortschrittlichen Positionen in der Kunst ein Forum schaffen, offen auch für den Impressionismus, dem sich Deusser zugewandt hatte.
Die zweite und dritte „Sonder-Ausstellung“ brachte 1910 und 1911 nicht nur Werke deutscher, sondern auch französischer Künstler. Das erregte den Unwillen konservativer Kreise. Unter dem Titel „Ein Protest deutscher Künstler“ erschien eine Broschüre gegen die angebliche „Überfremdung“ von Kunstmarkt und Museen und für die Förderung einer „nationalen Kunst“. Zwar erschien zur Verteidigung des Sonderbunds und seiner Ausstellungen umgehend eine Erwiderung („Im Kampf um die Kunst – Die Antwort auf den ‚Protest deutscher Künstler‘“), doch verweigerte sich die Stadt Düsseldorf einer vierten Ausstellung.
Der Sonderbund wich nach Köln aus. Dort zeigte er 1912 „eine der spektakulärsten Ausstellungen des 20. Jahrhunderts“, so Klara Drenker-Nagels, Herausgeberin des Bandes „August Deusser – Leben und Werk“ (1995). Die „sensationelle Schau“ wartete mit klangvollen Namen auf: Van Gogh, Cézanne, Gaugin und Munch wurden als „Väter der Moderne“ vorgestellt, hinzu kamen Werke fast aller aktuellen europäischen Kunstrichtungen – insgesamt 634 Arbeiten. In einer eigenen Abteilung waren 24 Bilder Deussers zu sehen.
Nach hundert Jahren wurde unter dem Titel „Mission Moderne“ eine weitgehende Rekonstruktion der Sonderbund-Ausstellung von August bis Dezember 2012 wiederum in Köln gezeigt.
Zuletzt geändert am 19. Oktober 2023
Quellen
Stadtarchiv Monheim am Rhein, Akte 4273.
Fritz Hinrichs, Geschichte der Monheimer Höfe, o. V. u. O., 1959.
August Deusser. Leben und Werk, herausgegeben von Klara Drenker-Nagels, Wienand Verlag, Köln 1995.
1912. Mission Moderne – Die Jahrhundertschau des Sonderbundes, herausgegeben von Barbara Schaefer, Wienand Verlag, Köln 2012.