Verfolgung und Denunziation im Amt Monheim 1933 bis 1945

Buchpräsentation, Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der VHS mit Karl-Heinz Hennen am 27. Februar

Auf Grundlage eines im Monheimer Stadtarchiv bewahrten Fotos, das den Rathausneubau aus dem Jahr 1938 zeigt, wurde das Titelmotiv der jüngsten Publikation der Stadt Monheim am Rhein zu ihrer eigenen Geschichte von der Illustratorin Leonore Müller-Gladen gestaltet. Gesamtcover-Realisierung: Strich!Punkt

Lokalhistoriker Karl-Heinz Hennen erläutert am Donnerstag, 27. Februar im VHS-Veranstaltungsraum am Ernst-Reuter-Platz (frühere Eisdiele) seine Forschungsergebnisse und stellt das neue Geschichtswerk „Verfolgung und Denunziation im Amt Monheim 1933 bis 1945“ vor, das es am Abend auch zu kaufen geben wird. Foto: Thomas Spekowius

Verfolgung und Denunziation in der Zeit des Nationalsozialismus – bei diesem düsteren Kapitel der deutschen Geschichte bildet auch Monheim am Rhein keine Ausnahme. Die umfangreichen Rechercheergebnisse des Monheimer Lokalhistorikers Karl-Heinz Hennen, die bei dessen Arbeiten am dritten Band der bald erscheinenden Monheimer Stadtgeschichte entstanden sind, hat die Stadt Monheim am Rhein zum Anlass genommen, eine eigene Publikation herauszugeben, die den Fokus konzentriert auf diese Jahre richtet.

Der Titel des Geschichtswerks lautet: „Verfolgung und Denunziation im Amt Monheim 1933 bis 1945“ – Autor Karl-Heinz Hennen wird es am Donnerstag, 27. Februar im neuen VHS-Raum am Ernst-Reuter-Platz (alte Eisdiele Al Faro, Schöneberger Straße 15) vorstellen. Beginn der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung ist um 19 Uhr, der Eintritt frei. Zur besseren Planung wird um eine vorherige Anmeldung gebeten, telefonisch unter 02173 951-4111 oder per E-Mail an vhs@monheim.de.

„Nach der Auswertung von umfangreichen Archivunterlagen ergibt sich durch die neue Publikation erstmals ein differenziertes und vollständiges Monheimer Bild über Verfolgung und Denunziation in der Zeit des Nationalsozialismus“, erläutert Hennen. In bedrückender Weise habe sich auch in den kleinen Dörfern am Rhein die ganze Palette der Verfolgung offenbart – sei es aus politischen oder religiösen Gründen. Auch Fälle von Euthanasie und Zwangssterilisation konnten von ihm nachgewiesen werden. Die Fülle an Vorkommnissen von Denunziationen im Alltag verdeutlicht darüber hinaus, in welch unsäglichem Klima die Monheimerinnen und Monheimer zu dieser Zeit gelebt haben.

Hennens Untersuchungen enden zudem nicht mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern er führt auch aus, wie danach die Wiedergutmachung in Verwaltung und Justiz gehandhabt wurde. Dabei sind die schleppend angelaufenen Verfahren von Wiedergutmachung und Entschädigung nicht dazu angetan, die junge Bundesrepublik in einem guten, gerechten und demokratischen Licht erscheinen zu lassen.

„Vor diesem Hintergrund erschien es wichtig, diesem dunklen Kapitel der Stadtgeschichte eine eigene Dokumentation zu widmen“, betont Bürgermeister Daniel Zimmermann im Vorwort. „Unrecht muss als solches benannt werden. Und auch wenn mittlerweile rund 75 Jahre vergangen sind, verdienen es die Opfer, dass wir uns mit dem Ihnen widerfahrenen Unrecht auseinandersetzen. Der Leitsatz den die Stadt Monheim am Rhein dabei verfolgt lautet: Erinnern statt vergessen.“

Die Publikation „Verfolgung und Denunziation im Amt Monheim 1933 bis 1945“ ist ab dem 28. Februar in der örtlichen „Bücherstube Rossbach“, gleich gegenüber vom Rathaus, Alte Schulstraße 35, erhältlich. Der Verkaufspreis beträgt 13,80 Euro. (ts)

Näheres Zum Inhalt:   

Die drei Rheingemeinden Monheim, Baumberg und Hitdorf hatten während der NS-Zeit rund 7.800 Einwohner. Diese Zahl muss man sich vergegenwärtigen, um das von Autor Karl-Heinz Hennen erstmals umfänglich zusammengefasste Ausmaß an Verfolgung, Denunziation, Erniedrigung und Mord richtig einordnen zu können. Es gab in Monheim und Hitdorf unter den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern 19 Opfer der Shoah. Nur wenigen gelang die rechtzeitige Emigration. Lediglich zwei einstige Mitbürgerinnen und Mitbürger überlebten in Deutschland – untergetaucht und in einem Zuchthaus. Über 1.400 Zwangsarbeitskräfte waren auf heutigem Stadtgebiet und in Hitdorf oft unter widrigsten Bedingungen untergebracht. Mindestens 43 von ihnen überlebten die Verschleppung und ihre Monheimer Jahre nicht. Der Monheimer Pfarrer Franz Boehm verstarb, aus seiner Gemeinde gerissen, im Konzentrationslager Dachau.   

„Auch mindestens sieben weitere Geistliche kamen in Konflikt mit der Gestapo“, erläutert Karl-Heinz Hennen. „Sie hatten demütigende Verhöre zu ertragen und wurden versetzt oder an die Front geschickt.“ Neben den politisch Verfolgten, die wegen ihres in Wort und Tat gezeigten Widerstands mit Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen belegt sowie in Arbeits- oder Konzentrationslager eingewiesen wurden, verloren auf Grundlage des sogenannten Ermächtigungsgesetzes zudem auch zahlreiche weitere Monheimerinnen und Monheimer ihre politischen Mandate als Amts-, Stadt- und Gemeinderäte. 

Hoch dürfte zudem die Dunkelziffer in Fällen von Zwangssterilisation und Euthanasie sein. Hennen: „Hier muss davon ausgegangen werden, dass nicht wenige Betroffene und Angehörige nach dem Krieg aus Scham, aber auch wegen der Aussichtslosigkeit, eine Anerkennung der Verfolgung und eine Wiedergutmachung zu erlangen, ihr Schicksal verschwiegen haben.“ Als sicher nachgewiesen gelten zwei Monheimer Fälle von Zwangssterilisationen und fünf von Euthanasie.  Anhand der Wiedergutmachungsakten ist zu belegen, wie man nach 1945 mit Verfolgten und oft psychisch und physisch schwer geschädigten Menschen umgegangen ist. Politisch Verfolgte wurden dabei trotz langer Inhaftierungen und dem Verlust ihrer Arbeitsplätze nicht einmal als Verfolgte des Naziregimes (VdN) anerkannt, wenn sie keiner politischen Partei angehört hatten oder wenn sie nicht nachweisen konnten, nach der Verbüßung von Strafen und oft nach schweren körperlichen Misshandlungen ihren Widerstand fortgesetzt zu haben.  

Das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) sah Wiedergutmachungen nur für Personen vor, die aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen verfolgt wurden. „Das schloss in bedenklicher juristischer Interpretation Entschädigungen bei Zwangssterilisation und Euthanasie aus“, verdeutlich Hennen und macht klar, wie weit die fatalen Irrwege in die neuere Zeit hineinreichen: „Das fürchterliche ‚Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‘ vom 14. Juli 1933 blieb sogar bis 1998 (!) in Kraft.“ Bis dahin beriefen sich bei Prozessen deutsche Gerichte darauf, die Erbgesundheitsgerichtshöfe der NS-Zeit hätten nach geltendem Recht gehandelt, daher seien Entschädigungsforderungen selbst dann abzulehnen, wenn unprofessionell durchgeführte Zwangssterilisationen zu schweren Gesundheitsschäden oder sogar zum Tod geführt hätten. Auch im Monheimer Rathaus lud man Schuld auf sich. Mit der Denunziation im Alltag hat sich die Ortspolizeistelle, die dem Bürgermeister unterstand, befasst. Hennen: „Die Fülle der im Stadtarchiv bewahrt gebliebenen Fälle legt ein beredtes Zeugnis davon ab, in welchem Ausmaß das alltägliche Leben von Denunziationsbereitschaft geprägt war. Das allein schon machte eine Wiedergutmachung nach dem Krieg nahezu unmöglich. Es entstanden auf diese Weise jedoch lebenslange Feindschaften mit Nachbarn und im Bekanntenkreis.“   

Hoffnung macht, dass Karl-Heinz Hennen bei seinen Recherchearbeiten im Auftrag der Stadt auch auf Fälle stieß, bei denen sich Monheimer Bürgerinnen und Bürger schlicht geweigert haben, bei der menschenverachtenden Umsetzung der NS-Ideologie mitzuwirken. „Ihre Zivilcourage verdient hohe Anerkennung“, so der Autor.

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