Der Ulla-Hahn-Literaturpreis der Stadt Monheim am Rhein zeichnet seit 2012 ein deutschsprachiges Erstlingswerk aus, das in besonderer Weise den Bezug zur eigenen Herkunft und zum eigenen Leben widerspiegelt. Für den Preis, der mit 15.000 Euro dotiert ist, hat die Fachjury unter dem Vorsitz von Dr. Ulla Hahn nun die Werke vorgestellt, die in diesem Jahr in die engere Auswahl gekommen sind. Acht Autorinnen und Autoren haben es auf die Shortlist geschafft: Kaleb Erdmann mit „Wir sind Pioniere“, Charlotte Gneuß mit „Gittersee“, Mina Hava mit „Für Seka“, Özge Inan mit „Natürlich kann man hier nicht leben“, Luca Kieser mit „Weil da war etwas im Wasser“, Nora Schramm mit „Hohle Räume“, Ruth-Maria Thomas mit „Die schönste Version“ und Dana Vowinckel mit „Gewässer im Ziplock“.
Im Fokus des Ulla-Hahn-Preises stehen Werke von Autorinnen oder Autoren unter 35 Jahren, die durch originelle Gestaltung und experimentelle Ansätze überzeugen und die Grenzen zwischen verschiedenen literarischen Gattungen und Medien auf innovative Weise aufweichen oder verbinden. Im experimentellen Roman „Weil da war etwas im Wasser“ von Luca Kieser geht es um die wechselnden Perspektiven eines Riesenkalmars. Dieser fängt nach der Berührung eines Tiefseekabels an, von den Erlebnissen verschiedener Menschen zu erzählen, deren Geschichten er begleitet hat. Ruth-Maria Thomas erzählt in „Die schönste Version“ von toxischen Beziehungen. Ihr Buch ist eine Geschichte über das Frauwerden, das Frausein und das Überleben mit Gewalterfahrungen. Die politische und dramatische Geschichte einer Familie der 70er-Jahre thematisiert Charlotte Gneiß: „Gittersee“ erzählt auf realistische Weise von Lebensträumen und Lebenswirklichkeiten einer Jugend in der DDR. Kaleb Erdmann stellt in „Wir sind Pioniere“ die Frage nach dem richtigen Beziehungsmodell. Dass die Familie ein Ort sozialer Einheit mit Höhen und Tiefen ist, schildert Nora Schramm in „Hohle Räume“, in dem sie davon erzählt, wie es ist, wenn sich ein vertrautes zu Hause hohl anfühlt.
Nominiert sind darüber hinaus einige Werke, die kulturelle Vielfalt und persönliche Herkunft behandeln. Mina Hava beschäftigt sich in ihrem Roman „Für Seka“ mit Zugehörigkeit und der Frage nach Identität. Sie erzählt von einer zerbrochenen Familie und den Weg, die einzelnen Verbindungen zu rekonstruieren. Herkunft und kulturelle Identität thematisiert auch Dana Vowinckel. In ihrem Debut „Gewässer im Ziplock“ erzählt sie eine mitreißende Familiengeschichte zwischen jüdischer Tradition und deutschem „Gedächtnistheater“. Und Özge Inan taucht in „Natürlich kann man hier nicht leben“ in die protestierende Generation der 80er-Jahre in der Türkei und den damit verbundenen Ängsten und Hoffnungen einer Familie ein.
Die Fachjury um Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW, Lehrerin Swapna Panamthottathil und Dr. Lothar Schröder, Leiter der Kulturredaktion der Rheinischen Post unter dem Vorsitz von Dr. Ulla Hahn entscheidet nun, wer den Preis erhält. Die feierliche Preisverleihung findet am 13. September statt. Im gleichen Rahmen werden der Ulla-Hahn-Jugendliteraturpreis und erstmals auch der Ulla-Hahn-Kinderliteraturpreis vergeben. (bh)
Shortlist
- Kaleb Erdmann: Wir sind Pioniere (Park x Ullstein, 2024)
- Charlotte Gneuß: Gittersee (S. Fischer Verlage, 2023)
- Mina Hava: Für Seka (Suhrkamp Verlag, 2023)
- Özge Inan: Natürlich kann man hier nicht leben (Piper, 2023)
- Luca Kieser: Weil da war etwas im Wasser (Picus, 2023)
- Nora Schramm: Hohle Räume (Matthes & Seitz, 2024)
- Ruth-Maria Thomas: Die schönste Version (Rowohlt, 2024 )
- Dana Vowinckel: Gewässer im Ziplock (Suhrkamp Verlag, 2024)