„Ihr tragt nicht die Schuld, aber ihr tragt die Verantwortung“

Schülerinnen und Schüler berichteten am 81. Jahrestag der Pogromnacht von ihren deutsch-israelischen Begegnungen

Zum Gedenken an das Unrecht. Brennende Kerzen vor dem Mahnmal am Kradepohl. Foto(s): Thomas Spekowius

Blick von der Empore auf die vollen Sitzreihen der Altstadtkirche.

Kranzniederlegung vor der Altstadtkirche.

Mit einer Gedenkstunde in der Altstadtkirche und anschließender Kranzniederlegung vor dem Holocaust-Mahnmal am Kradepohl gedachten am Samstagabend über 100 Monheimerinnen und Monheimer der Opfer der Pogromnacht vor 81 Jahren.

Obwohl er diesen Abend nun schon seit über 30 Jahren kenne und begleite, habe die Qualität an diesem Samstag für ihn doch etwas Besonderes, hob Pfarrer Falk Breuer in seiner Ansprache und mit Blick in seine bis fast auf den letzten Platz gefüllte Kirche hervor. „Er ist etwas besonders, weil ich erlebe, dass immer mehr junge Menschen an diesem Abend zu uns kommen. Und es ist wichtig, dass ihr alle da seid“, betonte Breuer in Richtung der zahlreichen Schülerinnen und Schüler, die nicht nur aktiv das Programm mitgestalteten, sondern auch zahlreich in den Sitzreihen und bis hinauf auf die Empore Platz genommen hatten, um der Gedenkstunde beizuwohnen. Früher, so Breuer habe man schon häufiger mal Sätze gehört wie: „Was ihr da macht, geht mich doch eigentlich nichts an. Das ist die Geschichte meiner Großeltern oder Urgroßeltern.“ Doch nach dem jüngsten Anschlag auf die Synagoge in Halle und der Landtagswahl in Thüringen, bei der sich über 23 Prozent der Wählerinnen und Wähler für eine Partei entschieden hatten, deren Bundevorsitzender ganz offiziell sagen durfte, dass jene 12 Jahre von 1933 bis 1945 „ein Vogelschiss in der über 1000-jährigen Geschichte des Deutschen Volkes“ seien, sei ein Haltungswandel zu erkennen, so der evangelische Pfarrer. „Da ist das Erinnern, so wie wir es hier heute Abend tun, offenkundig nötiger denn je. – Schön und wichtig also, dass, wie hier gemeinsam ein Zeichen gegen Ausgrenzung, Terror und Gewalt setzen.“

Diese Wichtigkeit unterstrich einmal mehr auch Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann und mahnte, dass sich die Geschichte nicht wiederholen dürfe. Natürlich sei es beschämend, dass eine Partei wie die AfD in Thüringen ein Viertel aller Wählerstimmen erhalten habe. Doch man dürfe auch in Monheim am Rhein nicht zu laut darüber urteilen oder allein mit Finger Richtung Osten zeigen, habe dieselbe Partei bei der Bundestagswahl vor anderthalb Jahren doch auch immerhin 2.400 Stimmen im eigenen Stadtgebiet erhalten.

Es ist sicher den von der Stadt finanzierten geschichtlichen Forschungen der letzten Jahre mit zu verdanken, dass man in Monheim am Rhein heute weit mehr über das Schicksal der früheren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie der im Krieg hierher verschleppten Zwangsarbeitskräfte weiß. Von den 18 Menschen jüdischen Glaubens, die in Monheim lebten, haben nur sechs den Holocaust überlebt.

Zimmermann: „Mich persönlich macht die Vielzahl der Schicksale immer wieder sprachlos. Wenn man durch die Altstadt läuft, begegnet man an so vielen Stellen den Stolpersteinen. Monheim und Baumberg waren Dörfer. Trotzdem wurden so viele Menschen missbraucht, gedemütigt, als Juden getötet und als Zwangsarbeiter teils bis in den Tod hinein ausgenutzt.“ Das zu verstehen sei nur schwer möglich, wenigstens den Versuch anzugehen dafür umso wichtiger.

Neben dem Stolpersteinprojekt und städtischen Publikationen zum Thema tragen die regelmäßigen Schüleraustausche mit Monheims israelischer Partnerstadt Tirat Carmel seit vielen Jahren zum gegenseitigen Verständnis bei. Lina Eicker und Tobias Kästner vom Otto-Hahn-Gymnasium berichteten in der Altstadtkirche von ihren Reiseeindrücken in ein für sie zuvor fremdes Land, dem Erfahren einer ganz besonderen Gastfreundschaft und dem Erspüren des „unverschämten Glücks“ (Lina Eicker) in einem friedlichen Deutschland leben und aufwachsen zu können, während die Situation in Israel bis heute schwierig bleibe. Und Tobias Kästner schloss den Kreis zu Pfarrer Falk Breuers einleitenden Worten. „Unser Museumsführer in Yad Vashem hat es für mich eigentlich am treffendsten zusammengefasst. Mit Blick auf die jungen Deutschen und deren Zukunftsgestaltung hatte er seinen Gästen mit auf den weiteren Lebensweg gegeben: „Ihr tragt nicht die Schuld, aber ihr tragt die Verantwortung.“
Die Gedenkstunde wurde musikalisch begleitet durch das Jugendblasorchester der Peter-Ustinov-Gesamtschule und der städtischen Musikschule sowie durch weitere Wortbeiträge von Schülerinnen der Rosa-Parks-Schule. Anschließend wurden Kerzenlichter hinaus zum Mahnmal an den Kradepohl getragen. (ts)

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